Stille und Mitgefühl ist im Raum spürbar, als einige 7.-Klässler aus dem Buch von Blanka Pudler und Dieter Vaupel: „Auf einem fremden unbewohnbaren Planeten“ vorlesen. Die Schülerinnen und Schüler, die bei ihrer Lesung von älteren Lesescouts begleitet werden, haben gerade die Passage gehört, als Blanka in Auschwitz ankommt, von ihrer Mutter getrennt wird und sich zutiefst bedroht fühlt. „Es gibt Gerüchte. Angeblich werden hier jeden Tag Hunderte, ja sogar Tausende der Neuankömmlinge getötet.“ Sie ist ja erst 14 Jahre alt und begreift nicht, was um sie herum geschieht und warum sie in diese Hölle geraten ist.

Am Ende der Gedenkveranstaltung antwortet ein Schüler auf die Frage des Lesescouts: „Wie hättet ihr euch gefühlt?“ – „ Ich hätte Angst gehabt, weil ich jeden Tag damit rechnen muss, dass ich sterben könnte“. Niemand möchte danach noch etwas sagen. Die 20 Minuten Gedenken am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gehen zu Ende. Die Schülerinnen und Schüler kehren zurück in ihre Klasse.
Im nächsten Jahr wird die Klasse eine andere Passage aus dem Buch vorlesen oder den Film über Blankas Zwangsarbeit in der Munitionsfabrik Hirschhagen sehen. – Seit fünf Jahren begehen wir an der FvSS den Holocaustgedenktage auf dieselbe Weise: Schüler jedes Jahrgangs bereiten sich in den Wochen vorher auf die Lesung vor, die ehemalige Schüler für ihre Altersstufe aus Blanka Pudlers Buch für sie festgelegt haben.

In diesem Jahr organisierten 22 Schülerinnen und Schüler von der 5.-13. Klasse und sechs Lesescouts der 10. Jahrgangsstufe den Gedenktag. – Ich glaube die Lesungen wirken deswegen so stark, weil hier Schüler ihre Mitschüler mit dem Unvorstellbaren konfrontieren, was Blanka Pudler kurz vor ihrem Tod im Jahr 2017 in ihrem Erinnerungsbuch „Auf einem fremden unbewohnbaren Planeten“ festgehalten hat.
Text: E. Herrmann, Fotos: A. Brooks und R. Gallo