Genau 80 Jahre Jahre nach der Evakuierung des Lagers für die aus Ungarn stammenden jüdischen Zwangsarbeiterinnen in der Heinrichstraße wurde am 29.03. 2025 dort der „Blanka-Pudler-Platz“ feierlich eingeweiht – am ehemaligen Standort unserer Eingangsstufe.
Die Freiherr-vom-Stein-Schule hat bereits 1983 mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit begonnen. Eine Gruppe von Schüler:innen bewegte die Frage nach der Nazi-Vergangenheit ihrer Stadt Hessisch Lichtenau. Unter der Leitung ihres Lehrers Dieter Vaupel fanden sie heraus, dass sich in ihrer unmittelbarer Nähe, nämlich im Ortsteil Hirschhagen, eine der größten Munitionsfabriken des „Dritten Reichs“ befunden hatte. In weiteren Recherchen konnten von der Gruppe auch ehemalige Zwangsarbeiterinnen ausfindig gemacht werden, die glücklicherweise den Holocaust überlebt hatten. Unter ihnen befand sich Blanka Pudler, die 1944 als 14jähriges Mädchen vom Konzentrationslager Auschwitz nach Hessisch Lichtenau deportiert worden war. Im Jahr 1986 konnte endlich ein Treffen der Überlebenden in Hirscchhagen organisiert werden. Seitdem ist Blanka Pudler mehrmals nach Deutschland zurückgekehrt, hat unter anderen unsere Schule besucht und mit unseren Schüler:innen über ihre schrecklichen Erlebnisse gesprochen.



Auch nach ihrem Tod im Jahr 2017 blieb die Freiherr-vom-Stein-Schule mit Blanka verbunden: Im Sommer 2019 mobilisierten wir etwa 3000 Personen zu einer Menschenkette, die den ca. 3 km langen Weg der Zwangsarbeiterinnen vom Lager an der Heinrichstraße zur Munitionsfabrik in Hirschhagen nachzeichnen sollte. Diese Aktion verstand sich als positiven Gegenentwurf zu den Schrecken der Vergangenheit und sollte ein deutliches Zeichen für Toleranz und Menschlichkeit setzen.
Jährlich am 27. Januar begehen wir den internationalen Holocaust-Gedenktag, indem unsere Schüler:innen sich gegenseitig aus dem Buch von Blanka Pudler und Dr. Dieter Vaupel „Auf einem fremden unbewohnbaren Planeten“ vorlesen. Somit halten wir die Erinnerung an Blanka stets lebendig.



Seit 2022 gehört die Freiherr-vom-Stein-Schule dem bundesweiten Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an. Auch hierbei war die um Blanka Pudler entstandene Erinnerungskultur an unserer Schule Inspiration und Motivation zugleich.
Aus dieser Verbundenheit heraus, war es uns als Schulgemeinde besonders wichtig, uns bei der Feierstunde zur Einweihung des Blanka-Pudler-Platzes auf vielfältige Weise einzubringen. Besonders emotional waren dabei die Beiträge von Karl (6c), Emma, Charlott (7b), Aylin, und Nils (10e), die den zahlreichen Besuchern ihre persönlichen Gedanken und Gefühle beim Lesen der Geschichte von Blanka eindrücklich vermitteln konnten. Hr. Lübeck sorgte bei der Veranstaltung für die passende musikalische Untermalung und Fr. Whaley übersetzte die bewegende Rede von Blankas Tochter Agnes, die ihre große Dankbarkeit zum Ausdruck brachte. Die zahlreichen – aktuellen und ehemaligen – Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler unter den Besuchern der Einweihungsfeier unterstreichen die Nähe unserer Schulgemeinde zu Blanka und ihrer Geschichte.


Den passenden Abschluss der Veranstaltung lieferten Aylin und Jona von unserer Schulband mit ihrer wunderbaren Interpretation von Leonard Cohens Hallelujah.

Nach dem offiziellen Teil konnten die Besucher:innen der Veranstaltung miteinander in den Austausch kommen. Besonders spannend für uns waren die Gespräche mit den anwesenden Nachfahren der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen, die u.a. eigens für die Einweihung des Platzes aus Ungarn bzw. Israel angereist waren, unter ihnen die Tochter und der Enkel von Blanka Pudler.
Text und Fotos: G. Tschiersky